Noch bis 12. Juni 2016 zeigt das Museum Lüneburg in Kooperation mit dem Zugpferdemuseum Lütau bei Hamburg eine Sonderausstellung zur Geschichte der bespannten Mobilität. Sie räumt mit einer sehr verbreiteten Fehlvorstellung auf: Heute denken wir an Pferde eher in Bezug auf das kostspielige Hobby oder das edle Status-Symbol, doch tatsächlich begleiten sie den Menschen schon seit Tausenden von Jahren. Die Aufgaben der Vierbeiner variierten dabei stark. Mal lastete das Funktionieren von Logistik und Kommunikation auf ihren Schultern, mal zählte man sie tatsächlich als “Pferdestärken”.
Wie Jürgen Hagenkötter, DGPT-Vorstand und Pferdeexperte, ausführt, sind die Zugpferde in unserer Erinnerung ein wenig einseitig repräsentiert. Wir denken an ein Pferd, das überwiegend bäuerlich, gelegentlich kleingewerblich, militärisch oder romantisch vor der Postkutsche eingesetzt wurde. Damit geht viel verloren, denn der Beginn der Industrialisierung war keineswegs das Ende der natürlichen Pferdestärken. Ganz im Gegenteil: Zu keiner Zeit waren mehr Zugpferde an außerlandwirtschaftlichen Produktions- und Transportprozessen beteiligt, als im Zeitfenster der Industrialisierung. Die Ausstellung setzt daher ihren Schwerpunkt auf den Einsatz von Pferden in Industrie, Gewerbe, Post und Militär in dieser Epoche.
Dabei wartet man mit beeindruckenden Zahlen auf: Allein in Manhattan arbeiteten im Jahr 1900 rund 130.000 Pferde, 74.000 in Chicago und 51.000 in Philadelphia. Die Pariser Pferdeomnibusse wurden durch 15.000 schwere Percherons mobil gemacht und Harland & Wolff, die Titanic-Werft in Belfast, verfügte über einen beachtlichen Bestand an Zugpferden für die innerbetrieblichen Transportaufgaben.
Um 1900 lieferte die Schultheiss-Brauerei täglich mit rund 800 Pferden und 600 Wagen Bier auf den Berliner Markt aus. Die Pariser-Omnibus-Gesellschaft verfügte einschließlich der Pferdestraßenbahnen über 1.600 Wagen und rund 14.000 Zugpferde (überwiegend Percherons) und beförderte damit knapp 120 Millionen Passagiere im Jahr.

Einblick in eine nachempfundene Passagierstube – hier konnten die Passagiere beim Umspannen eine kleine Mahlzeit zu sich nehmen oder Wartezeiten überbrücken.

Die Kuratorin der Ausstellung, Ann-Marie Hagenkötter M.A. vom Zugpferdemuseum, beim Breifschreiben mit der Feder.
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